Heute ist es nach allen Überlegungen, die mich zwei Jahre beschäftigt haben, soweit. Ich nutze das perfekte Wetter und fahre bereits um 7:30 Uhr von Frangokastello los, um auf den Gipfel des Pachnes zu wandern.
Der Pachnes ist der zweithöchste Berg auf Kreta und der höchste Gipfel in den Weissen Bergen (Lefka Ori) die sich im Westen von Kreta erheben. Durch die Infos, die ich von einem lokalen Kontakt im Ort habe, kann ich davon ausgehen, dass die Straße auf den Pachnes in einem guten Zustand ist, da in den letzten Wochen so gut wie kein Niederschlag zu verzeichnen war. Diese Information ist wichtig, da ich mit dem ausgeborgten Suzuki Vitara vermutlich gut genug ausgerüstet bin, um die Schotterstraße zu bewältigen. Bei schlechteren Straßenbedingungen benötigt man ein Allrad-getriebenes Fahrzeug.
Die Anreise zum Ausgangspunkt der Wanderung
Die Straße zum Ausgangspunkt der Wanderung startet in Anopolis und ist 18 km lang und eine Schotterstraße. Die Dauer ist mit etwas mehr als eine Stunde veranschlagt. Für mich kommen nochmal ca. 45 Minuten hinzu, da ich davor von Frangokastello nach Anopolis fahren muss. Dank Google ist die Abzweigung zur Schotterstraße in Anopolis gut zu finden und die Straße führt anfangs durch Pinienwälder bergauf in die weißen Berge. Es sind unzählige Serpentinen, die zum Anfangspunkt der Wanderung auf ca. 2000m Höhe führen. Die Straße ist gut zu befahren, erfordert jedoch 100%ige Aufmerksamkeit, um Unebenheiten und Geröll, das auf der Straße liegt, auszuweichen und ein Aufsitzen auf der Bodenplatte zu vermeiden, oder eine Beschädigung der Reifen zu vermeiden.
Ein weiterer Aspekt bei der Anreise ist die tief stehende Sonne, die auf den nach Osten ausgerichteten Streckenabschnitten unterhalb der Sonnenblende einfach extrem blendet und die Sicht auf die Straße erschwert. Eine gut gereinigte Windschutzscheibe ist hier definitiv ein Vorteil. Insgesamt benötige ich für die Fahrt 2:11 Stunden, darin ist auch ein ca. 5-minütiger Tankstop in Chora Sfakia enthalten. Ich fahre die Straße bis fast an das Ende, da diese in wirklich gutem Zustand ist und es keine Probleme mit der Traktion gibt. Am Ende parke ich an einer Stelle, die breit genug ist, am Straßenrand.
Aufstieg zum Gipfel des Pachnes
Der Aufstieg auf den 2453m hohen Pachnes ist mit 1:30 Stunden angegeben. Das ist auch ein realistischer Wert. Der Weg ist deutlich markiert und hat nur wenige Stellen, an denen man ein kurzes Stück über den Fels klettern muss – meist nicht mehr als 1,5 – 2 Meter Höhe. Man sollte jedoch eines Beachten: Der Wanderweg starten bereits vor dem Ende der Schotterstraße. Ich habe den Fehler gemacht, dass ich am Ende der Straße einfach auf den dort befindlichen Lavastrom (natürlich erkaltet) gestiegen bin und dann querfeldein über sehr schafkantiges Lavagestein steigen musste, das war nicht nur anstrengender als notwendig, sondern birgt auch die Gefahr, dass man sich im Falle einest Sturzes verletzt. Ich habe mir trotz vorsichtigem Vorgehen beim Anhalten (ohne abzurutschen) eine Schnittwunde an einem Finger zugezogen.
Es ist daher besser den Einstieg in Aufstiegsrichtung rechts der Straße zu finden (siehe Karte unten) und da die 2-3 Meter über ein paar Tritte direkt auf den Weg zu „klettern“.
Für mich hat der Aufstieg durch den kleinen Umweg ca. 1: 45 Stunden gedauert. Ich habe beschlossen, Fotos am Rückweg zu machen und mir beim Aufstieg jene Stellen gemerkt, die für Fotos gut geeignet sind.
Ich bin bis zum Gipfel absolut alleine unterwegs und treffe keine anderen Wanderer am Weg.
Am Gipfel
Am Gipfel bin ich um ca. 11:35 Uhr angekommen und die Aussicht dort belohnt die Anstrengung (siehe dazu auch das Fotoalbum weiter unten im Artikel). Das Wetter kann nicht traumhafter sein. Es ist windstill und der Himmel ist (zumindest hier oben) absolut klar. Es ist daher absolut ruhig hier. Die lautesten Geräusche mache ich mit meinem Rucksack und mit den Schuhen am Kalkstein-Geröll, das mich trägt. Nachdem ich hier am Gipfel nun wieder Mobilfunk-Empfang habe sende ich meiner Frau ein Signal, dass ich gut angekommen bin und ein Gipfel-Selfie.
Ich bleibe hier etwa eine halbe Stunde, trinke Wasser und esse mitgebrachte Riegel, eine Banane und einen Apfel. Ausserdem halte ich die Aussicht in alle Richtungen mit meiner Kamera fest.
Der Abstieg
Für den Abstieg benötige ich 1:35 Stunden. Das beinhaltet jedoch Stopps zum Fotografieren, die sicher insgesamt ca. 20 Minuten in Anspruch nehmen. Ausserdem erspare ich mir querfeldein über den Lavastrom abzusteigen, was auch zeit spart. Ich begegne beim Abstieg insgesamt vier Wanderern und einem Bergläufer.
Die Landschaft hier wirkt insgesamt surreal. Ich befinde mich hier in einem Gebiet, dass zu Europas Wüsten zählt. Es wächst hier so gut wie nichts. Lediglich einige wenige Sukkulenten und weiter unten vereinzelte Blumen wachsen hier. Die Hänge der Gipfel haben alle die selbe Neigung und alles ist von weißem Kalkgestein bedeckt, zum Teil in durchsichtig, kristalliner Form.
Überlegungen zur Tour
An- und Abreise
Für das Befahren der Straße empfehle ich einen robusten Wagen, der etwas mehr Bodenfreiheit hat als ein normaler PKW. Auch sollte man bedenken, dass nicht bei allen Mietwägen ein Versicherungsschutz des Unterbodens gegeben ist bzw. von den Firmen ein Befahren von unbefestigten Straßen untersagt wird.
Es gibt von Anaopolis allerdings die Möglichkeit sich mit einem Pick-Up-Truck zum Ausgangspunkt der Wanderung fahren zu lassen. Stand Herbst 2023 sollen dafür zw. 140 und 150 Euro für Hin- und Rückfahrt pro Auto verrechnet werden. Das ist eine Option, wenn man sich nicht zutraut die Schotterstraße selbst zu befahren, oder nicht das geeignete Mietauto dafür hat.
Zeitbedarf
Für die Gesamte Tour muss man sicher 5:30 bis 6 Stunden veranschlagen. Das ist vom Ausgangspunkt in Anopolis gerechnet (2x 1 Stunde Autofahrt, 3 Stunden reine Gehzeit und eine halbe Stunde bis Stunde Pausen). Hinzu kommt noch die Fahrt nach Anopolis und retour, falls man nicht dort wohnt.
Ausrüstung für die Wanderung
Hier kann ich nur sagen, dass folgendes dringend empfohlen ist mitzunehmen:
- Festes Schuwerk – am besten stabile Wanderschuhe, die über den Knöchel reichen
- Warme und regen- bzw. winddichte Wander-Bekleidung
- Kopfbedeckung
- Ggf. Handschuhe
- Sonnencreme
- Ausreichend Wasser – ich habe alleine 2,5 l bei der Wanderung verbraucht und als Reserve noch 3 Liter im Auto eingelagert.
- Etwas zum Essen
- Handy für etwaige Notrufe, besser noch ein Notruf-System, das über Satellit funktioniert, da am Weg Funklöcher bestehen und ich lediglich am Gipfel guten Empfang mit dem Handy hatte.
- Erste Hilfe Kit
Man ist hier in einer für Europäsche Verhältnisse sehr einsamen Gegend unterwegs und es ist nicht gesichert, dass im Falle eines Notfalles alles so Funktioniert wie z.B. in den Alpen. Man muss auch bedenken, dass man sich in einer Höhe jenseits der 2000m aufhält und hier Wetterumschwünge schnell zu drastischen Temperaturstürzen führen kann. Ich hatte bei der Ankunft auf 2000m Höhe eine Lufttemperatur von 9°C am Armaturenbrett des Autos abgelesen. Durch die starke Sonneneinstrahlung, bin ich ohne Fleece-Pullover und Jacke ausgekommen, jedoch wäre im Falle von Wolkenbildung bei 9°C schnell der Spaß vorbei gewesen.
Überischtskarte
Ich habe meine Tour in einer Google-Karte illustriert und diese zeigt die Auto-Route von Anopolis zum Ausgangspunkt der Wanderung in blauer Markierung und die aufgezeichnete Wanderung in roter Markierung.